Jetzt ist es endlich so weit und wir lassen die vielen Kurven des Curaray hinter uns. Während wir vorher für 10 km Luftlinie etwa 30 km Paddeln mussten, ist der Napo deutlich geradliniger.
Der Fluss ist nochmals deutlich breiter, doch ist der Unterschied im Vergleich zum Wechsel von Nushiño-Curaray längst nicht so groß. Vermehrt sehen wir jetzt Sandbänke bei denen wir aufpassen müssen, an welcher Stelle wir vorbei fahren. Wenn man darauf achtet, wo das meiste Wasser hinfließt, kann man Sackgassen recht gut vermeiden. Kaum auf den Napo angekommen begrüßt er uns mit starkem Wind und hohen Wellen. Wir kommen kaum voran, doch nach dem Kampf um die nächste Kurve stand der Wind wieder anders und die Wellen haben sich wieder gelegt. Das kann noch spannend werden. Die Navigation zwischen den zahlreichen großen Inseln auf dem Fluss ist auch nicht immer ganz leicht. Fährt man auf der falschen Seite vorbei kann es passieren, dass der Fluss in die andere Richtung abbiegt und wir auf der Außenbahn einige Kilometer extra paddeln müssen. Viele Dörfer liegen zudem auf Seitenarmen des Flusses. Möchte man vermeiden gegen die Strömung paddeln zu müssen, muss man rechtzeitig auf die richtige Flussseite paddeln und in den Seitenarm hereinfahren.
Auffällig ist, dass der Wald neben dem Fluss weniger wild als noch am Curaray aussieht und immer wieder größere Flächen gerodet sind. Am Napo sehen wir die ersten Dörfer mit Kühen und Wiesen. Wir merken, dass wir näher nach Iquitos kommen. Die Menschen sind noch wie vor super nett und helfen uns immens!

In Ort Santa Clotilde sehen wir zum ersten Mal Tuktuks. Das Dorf ist mehr eine kleine Stadt und die Menschen fahren auf Betonwegen mit Motorrädern (2- und 3-Rädig) durch die Stadt. Hier gibt es wieder Internet und wir können bei einer lieben Familie direkt am Wasser schlafen. Alle Leute hier haben uns gewarnt, das Boot aus dem Wasser zu nehmen und so tragen wir es mit Hilfe von ein paar Jugendlichen aus dem Wasser zu dem Haus. Hier wird wohl oft geklaut, da es viel Transitverkehr gibt. Im Internetcafé können wir uns um unser Paket kümmern, das jetzt bald abgeschickt werden kann. Wir brauchen ein größeres Zelt und größere Moskitonetze, denn durch die aktuellen Netze werden wir an den Stellen, an denen es spannt gestochen. Außerdem ist unser Wasserfilter kaputt gegangen und lässt sich nicht reparieren. Im Internet gibt es auch keine Anleitungen. Für einen Expeditionsfilter, der problemlos 10000l filtern soll ist das doch etwas enttäuschend. Das Equipment von den Sponsoren ist mittlerweile angekommen und Alex bringt es auf den Weg. Jetzt hängt es nur noch von der Post ab, ob alles ankommt. Angeblich soll es in 5-10Tagen da sein. Das würde perfekt mit unserer Ankunft in Iquitos passen.
Wir haben beschlossen, die Runde zur Mündung des Napo in den Amazonas zu fahren. Bei Mazan gibt es eine Landverengung, an der die meisten Reisenden über Land zum Amazonas rüberfahren und sich die 80km Runde sparen. Doch wir wollen in den Amazonas reinpaddeln und ihn nicht zum ersten Mal aus einem Tuktuk heraus sehen. In Mazan haben wir auf einer schwimmenden Insel schlafen dürfen. Die lag direkt vor der Stadt und gehörte dem offiziellen Bootswächter. Die Insel war gleichzeitig der Partyraum der Tochter des Besitzer und ihrer Freunde. Sie haben uns direkt auf ein paar eisgekühlte Biere eingeladen, da konnten wir natürlich nicht nein sagen. Es war ein witziger Abend und am nächsten Tag haben wir uns gegönnt auszuschlafen. Der Blick aus der Hängematte über den Fluss am Morgen war fantastisch.

Als wir dann am Ende der Runde an der Mündung ankommen, haben wir etwas fehlnavigiert und sind zu weit links auf dem Fluss. Wir wollen in einem Dorf direkt an der Mündung schlafen, doch davor müssen wir die zwischen uns und Dorf liegende Sandbank umfahren. Wir müssen ein Stück Flussaufwärts fahren und die Strömung drückt stark gegen unsere Kanu. An dieser extremen Stelle brauchen wir für 600m paddeln etwa 50min. Gleichzeitig war ein Unwetter über uns, die Wellen waren sehr hoch und es trieben viele Baumstämme im Wasser. Insgesamt eine spannende und herausfordernde Situation. Unsere Rettung war das Schilfufer an der Sanbank. Dort war die Strömung viel schwächer und es gab dennoch genügen Wasser, um hindurch zu paddeln. Als wir am rechten Ufer ankommen erleben wir eine Überraschung: statt nach unten zum Amazonas zu fließen, fließt der Fluss stromaufwärts. Kurz verstanden wir die Welt nicht mehr. Der Amazonas fließt in einer Runde hier den Napo hoch und auf dem Mittelstrom des Napo dann wieder raus. Nach kurzer Absprache einigen wir uns darauf, in einem Dorf den Fluss hoch zu schlafen, da es schon dämmert und wir uns einen Schlafplatz suchen müssen. Auch wenn wir nur kurz auf dem Amazonas unterwegs waren, haben wir es geschafft: Wir sind am Amazonas angekommen!